Vibrationstraining als Alternative zu traditionellem Training?

Was ist Vibrationstraining?
Im Gegensatz zur aktiven Muskelarbeit werden beim Beschleunigungs- oder Vibrationstraining die Muskeln passiv
dazu angeregt, sich zu vergrößern. Mit bis zu 60 Hertz wird eine Person, die auf einer kleinen Platte steht,
geschüttelt. Je nach Hersteller gibt es verschiedene Varianten.
Die Platte bewegt sich entweder auf- und ab, rüttelt dreidimensional oder simuliert eine Laufbewegung. Dabei
werden kleine Muskelkontraktionen und Dehnreflexe ausgelöst. So soll die Leistung der Muskulatur gesteigert werden.
Die verschiedenen Zielgruppen Sportler, Astronauten, ältere Menschen oder auch Personen, die eine Verletzung
erlitten haben, verwenden diese neue Technologie, um ihre "Muskeln zu stärken".
Was da "gestärkt" wird, bleibt für mich nach wie vor offen. Die Marketingstrategen hauen einem ja geradezu die
Erfolgsberichte "ihrer" Vibrationsplattform um die Ohren.
Zur Zeit gibt es im wesentlichen folgende Systeme auf dem Markt:
- Die Powerplate: hier gibt es mittlerweile mehrere verschiedene Modelle. Die
Powerplatte schwingt meines Wissens und Beobachtung nach nur vertikal.
- Das Galileo-System: Diese Vibrationsplatte
schwingt vertikal alternierend.
- Der srt Zeptor: Diese Platte schwingt horizontal, vertikal und alternierend. Der srt
Zeptor hat zudem eine manuell einzustellende "Stochastik".
Anmerkung: Ich würde mich freuen, wenn mir die Hersteller einmal genaue Daten zukommen
ließen, WIE deren Platte schwingt. Diese Daten habe ich bisher nur vom srt zeptor.
Dann gibt es noch zwei andere "Geräte", die man dem Vibrationstraining zuordnen muss:
- Das BMS Vibrationstraining (Biomechanische Muskel Stimulation): Das ist eigentlich keine
Platte auf der man "turnt" sondern diese wird gezielt an bestimmte Körperbereiche herangeführt.
- Und dann auch noch die vibrierenden Kurzhanteln, wie zum Beispiel von
Bodyvib oder wie die Flexi
Bar
Aber kommen wir erst einmal kurz zu den Ursprüngen des Vibrationstrainings.
Der Ursprung der Erfindung
Das Muskelvibrationstraining stammt ursprünglich aus der Weltraumforschung. Der Aufenthalt im Weltraum
degeneriert die Muskeln der Astronauten sehr stark.
Im Normalfall müssen die Astronauten bis zu zwei Stunden täglich trainieren, um diesen Verfall in der
Schwerelosigkeit aufzuhalten. Der Sportwissenschaftler Vladimir Nazarov entdeckte 1978, dass Vibrationen sich
positiv auf den menschlichen Bewegungsapparat auswirken. So setzte die UdSSR das Vibrationstraining bei Kosmonauten
und Leistungssportlern ein.
Anwendungsgebiete des Vibrationstrainings
Die Methode scheint sich für Patienten, die an Muskelschwund leiden, besonders zu eignen. Das Zentrum für
Muskel- und Knochenforschung an der Charité Berlin fand heraus, dass das Vibrationstraining Muskeln erhalten und
mit der Zunahme der Muskelkraft auch die Knochenmasse ansteigt. Dabei wurden an 10 Personen ein Vibrationstraining
über acht Wochen durchgeführt, während die Kontrollgruppe immobil im Bett liegen musste. Die Kontrollgruppe verlor
im Durchschnitt bis zu 25% ihrer Muskelquerschnittsfläche, während die Personen, die das Vibrationstraining
durchführten nur 9,5% ihrer Muskelquerschnittsfläche verloren.
Außerdem wird diese Trainingsmethode im Leistungssport eingesetzt. Bei der deutschen Volleyballjugend wurde eine
Kraftzunahme nach dem Training mit dem Vibrationstrainer vermeldet. So wurde an der Universität von Rom unter der
Leistung von Bosco eine Studie mit Volleyballerinnen durchgeführt, die zeigt, dass nach Ende der Testreihe ein
signifikanter Unterschied in der Leistungsfähigkeit der Beine erreicht wurde.
Das Bein, das mit Vibrationstraining trainiert wurde, erreichte dabei die besseren Werte. Die Studie wurde bei
sechs Probandinnen mit einer Beinpresse einbeinig mit verschiedenen Zusatzlasten durchgeführt.
Doch auch für die Breiten- und Gesundheitssportler wäre die Vibrationsmethode von Vorteil. Vor allem
Sportmediziner Hartard ist der Meinung, dass schon ein dreimaliges Vibrationstraining von nur fünf Minuten in der
Woche dem allgemeinen Muskel und Knochenabbau immens vorbeugen könnte.
Übrigens - bevor ich es vergesse: Schwangere und Pateinten mit Herzschrittmacher, sowie Epileptiker
dürfen kein Vibrationstraining machen. Bei Patienten mit Implantaten (z.B. künstliche Gelenke) gibt es
unterschiedliche Auffassungen. Keiner kann ausschließen, ob sich ein künstliches Gelenk nicht langfristig bei
regelmäßigem Vibrationstraining lockert.
Kritik
Obwohl es laut Studie der Sporthochschule Köln aus dem Jahre 2005 nachgewiesen scheint, dass gerade bei
Untrainierten ein Kraftzuwachs mit dem Vibrationstraining möglich ist, sowie positive Auswirkungen beim
Schnellkrafttraining auftreten, gibt es dennoch einige gegenläufige Tendenzen, die Kritik verlauten lassen.
Auffällig ist, dass das Vibrationstraining beim Maximalkraftaufbau kaum Wirkung zeigt. Mehr dazu auch im
Beitrag: Exzentrisches Krafttraining - Konzentrisches
Krafttraining
Es gibt außerdem Studien, die in ähnlichen Testreihen (Scherzer 2002) keinen signifikanten Zuwachs gegenüber
herkömmlichen Training zeigen, aber es gibt eben auch Studien (Bosco 1999), die genau gegenteilige Ergebnisse
vorweisen können.
Fazit
Das Vibrationstraining gehört für mich in den Bereich des Koordinationstrainings.
Letztendlich bleibt festzuhalten, dass das Vibrationstraining vor allem bei Untrainierten von Vorteil sein
kann - aber bei Untrainierten hat mit fast jeder Methode irgendeinen Erfolg.
Das Vibrationstraining scheint außerdem sinnvoll bei Knochenschwund oder zur Ergänzung von herkömmlichen
Trainingsmethoden zu sein. Ebenso ergeben sich beim Schnellkrafttraining anscheinedn gute Ergebnisse, die ich
allerdings auch wieder auf das Koordinationstraining zurückführe.
Obwohl ich das Vibrationstraining als Trainingsergänzung schätze, ersetzt dieses keinesfalls das
konzentrische und exzentrische Training - auch nicht in
der medizinischen Trainingstherapie.
Hier gibt es allerdings eine Ausnahme für mich: Vor allem "Neuro"-Patienten scheinen vom Vibrationstraining zu
profitieren. Bei Parkinson und MS (Multiple Sklerose) Patienten zeigen sich zum Teil deutliche
Symptomverbesserungen. Allerdings sehe ich diese Verbesserungen nur mit dem srt Zeptor Training.
Ach ja: das BMS Training und die Vibrationshanteln. Das BMS Training kenne ich zu wenig um eine Aussage machen
zu können. Und die Vibrationskurzhanteln ebenso. Beides fällt für mich in die Kategorie
Koordinationstraining. Und das ist eben nur eine von fünf Komponenten der sportlichen Leistungsfähigkeit.
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