Im Fokus steht hier die Studie von Casolo et al. „Behavior of Motor Units during Submaximal Isometric Contractions in Chronically Strength-Trained Individuals“, was man übersetzen könnte mit: „Verhalten motorischer Einheiten während submaximaler isometrischer Kontraktionen im Krafttraining“.

Das tiefere Verständnis der Beziehung zwischen Muskel- und Kraftzuwachs kann und sollte ganz entscheidend sein für die Planung und die Überwachung des Krafttrainings. Der Powerlifter zum Beispiel richtet seinen Fokus in der Weise auf den Muskelaufbau, indem sein spezifisches Training sogar extra auf niedrige Wiederholungszahlen abzielt. Der Athlet dagegen wird seinen Kraftfortschritt eher als „Proxy“* für das Muskelwachstum verstehen.

* Kommunikationsschnittstelle in einem Rechner-Netzwerk im Sinne eines Vermittlers zwischen Anfragen und ferneren Verbindungen.

Oftmals erfahren Forschungsarbeiten über die Beziehung zwischen Hypertrophie und Kraftzuwachs gewisse Einschränkungen, die durchaus verständlich sind. Man liest immer wieder Querschnittsstudien, die eine starke Korrelation zwischen Muskulatur und Kraft belegen, doch eine solche Korrelation ist aus wissenschaftlicher Sicht noch lange kein Beweis für einen tatsächlich vorhandenen kausalen Zusammenhang.

Längsschnittstudien wären da schon besser geeignet, aber gerade bei bereits gut trainierten Kraftsportlern ist es kaum noch möglich, innerhalb einer realistischen Studiendauer genügend Wachstum zu generieren, um die Beziehung zwischen Hypertrophie und Kraftzuwachs wirklich nachweisen zu können.

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Der Zuwachs an Kraft hat neben der strukturellen (hypertrophen) Anpassung auch immer etwas mit „neuronaler Anpassung“ zu tun. Bei Untersuchungen zu solchen Fragestellungen werden aber in erster Linie die Kraft und die Muskelgröße quantifiziert, wobei die neuronale Anpassung eher so eine Art „Lückenbüßer“ darstellt. Mit anderen Worten, bei den durch Hypertrophie nicht erklärbaren Kraftschwankungen werden entweder neuronale Faktoren oder einfach nur Messfehler in Erwägung gezogen.

Vor diesem Hintergrund füllt die hier diskutierte Studie tatsächlich eine wichtige Verständnislücke. Die Forscher rekrutierten zu diesem Zweck 16 Männer mit im Durchschnitt fast sechs Jahren Erfahrung im Krafttraining und 14 untrainierte Männer.

Mittels Dynamometrie wurde bei allen die maximale isometrische Ellbogenbeugungsstärke bewertet und die anatomische Querschnittsfläche des Bizeps wurde per MRT ausgemessen. Mit der Dichte-Oberflächen-Elektromyographie (HDsEMG) wurde das Verhalten der motorischen Einheiten während der submaximalen isometrischen Kontraktionen bewertet. Diese reichten von 15 bis 70 Prozent der maximalen isometrischen Kraft.

HDsEMG unterscheidet sich etwas von der Standard-Oberflächenelektromyographie (sEMG), die lediglich ein grobes Maß für die gesamte elektrische Aktivität unter der Elektrode darstellt. Bei der HDsEMG werden eine ganze Reihe von Elektroden und spezielle Algorithmen verwendet, um das EMG-Signal zu zerlegen.

Auf diese Weise lassen sich die einzelnen motorischen Einheiten isolieren und getrennt bewerten, das heißt, man erhält Auskunft über die Rekrutierungsschwellen und die Entlassungsraten der verschiedenen motorischen Einheiten.

Dadurch kann zum Beispiel beurteilt werden, ob die trainierten Kraftsportler grundsätzlich geschickter darin sind, ihre motorischen Einheiten zu rekrutieren, oder ob sich deren motorische Einheiten mit höherer Frequenz entladen können, was bedeuten würde, dass sie ihren Muskeln einen größeren Kontraktionsimpuls geben.

Wenn trainierte Lifter tatsächlich mehr Kraft relativ zur maximalen Kraftabgabe bei gleichzeitig niedrigeren Entladungsraten der motorischen Einheiten erzeugen, deutet dies klar auf eine bessere „neuronale Effizienz“ hin.

Ergebnisse

Wie zu erwarten waren die trainierten Lifter mit fast 65 Prozent mehr an maximaler isometrischer Ellbogenbeugungskraft erheblich stärker als die untrainierten Teilnehmer der Vergleichsgruppe. Die anatomische Querschnittsfläche des Bizeps war im Durchschnitt sogar fast 72 Prozent größer.

Dagegen zeigte sich das Verhalten der motorischen Einheiten in beiden Gruppen durchaus ähnlich. Das betrifft die Rekrutierungsschwellen relativ zur maximalen Kraft, die Entladungsraten der motorischen Einheiten während der submaximalen Kontraktionen sowie das Verhältnis zwischen der Entladungsrate und der relativen Kraftabgabe.

Im Original klingt das Résumé der Wissenschaftler so: „Die größere absolute Krafterzeugungskapazität der krafttrainierten Personen bei gleichem neuralen Input zeigt, dass bei submaximaler Anstrengung eher morphologische als neurale Faktoren der vorherrschende Mechanismus für ihre verstärkte Krafterzeugung sind.“

Bei rein isometrischer Bewertung der Kraft spielen „neuronale“ Faktoren in der Tat kaum eine Rolle. Dass größere Muskeln zugleich auch stärkere Muskeln sein müssen, ist dennoch eine Gleichung, die nicht immer ganz aufgeht. Sichtbar wird dies zuweilen bei sehr komplexen Übungen. Trotzdem ist hier beim Thema „neuronale Anpassung“ Vorsicht geboten, insbesondere bei solchen kaum definierten Begriffen wie „Technik“ oder „Motorik“.

Wenn ein Pitcher im Baseball durch Übungen seine Mechanik verbessert, würde es wohl kaum jemand so ausdrücken: „Wegen der neuralen Anpassungen schlägt er jetzt besser.“ Ähnlich sieht es bei der Kraft aus. Das ist keine übernatürliche Fähigkeit in dem Sinne, dass pro Zeiteinheit mehr motorische Einheiten rekrutiert oder eben schneller entladen werden können, vielmehr stehen auch hierbei eine gute Technik und Motorik im Vordergrund, die selbstverständlich neurale Ursprünge im motorischen Kortex oder im Kleinhirn haben. Salopp gesagt: Das Eine schließt das Andere nicht aus. Es zählt im Leben viel öfter das UND als das ODER.

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Dieser Beitrag wurde am 08.05.2022 erstellt.