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In Anbetracht der Volkskrankheit Rückenschmerzen, die immer weiter und offensichtlich unaufhaltsam auf dem Vormarsch ist, möchte ich meine werten Leser an das gute Konzept der Rückenschule von Hans Dieter Kempf erinnern.

Geboren wurde Kempf am 4. Mai 1960. An der Uni Karlsruhe studierte er Physik und Sportwissenschaft. Im Jahre 1986 entwickelte er die berühmte Karlsruher Rückenschule und legte damit den Grundstein für die Rückenschulbewegung in Deutschland. So war Kempf auch Mitbegründer von „Forum Gesunder Rücken – besser leben e. V.“, wo er einen Vorstandsposten innehatte.

Seit 1993 war Kempf als Trainer, Fachautor, Berater und Projektleiter selbstständig tätig, wobei er auch häufig als Referent und Lehrbeauftragter unterwegs war und überdies Präventions- und Rehabilitationsgruppen betreute. Am 3. Mai 2017 ist Hans Dieter Kempf nur einen Tag vor seinem 57. Geburtstag verstorben.

Zwar wurde sein Rückenschulkonzept inzwischen vielfach modifiziert, doch es lohnt sich allemal, an dieser Stelle Hans Dieter Kempf mit seiner ursprünglichen Variante zu Wort kommen zu lassen, siehe dazu auch:

Die neue Rückenschule

Bereits in den 1990er-Jahren gab es sportpädagogische, ganzheitliche Rückenschulansätze. Aber erst im vereinheitlichten Curriculum der Konföderation der deutschen Rückenschulen (KddR) finden wir eine konsequente biopsychosoziale und salutogenetische Betrachtungsweise. Dessen erste Fassung wurde 2006 in Zusammenarbeit mit Prof. Klaus Pfeifer und der Bertelsmann-Stiftung entwickelt.

Dauerhaft rückenfreundliche Verhaltensweisen erfordern eine hohe Motivation, die durch bewegungs- und erlebnisorientierte Lernprozesse aufgebaut werden kann. Es geht unter anderem darum, den eigenen Rücken neu zu erleben, indem der hohe Wirkungsgrad der biopsychosozialen Ressourcen erfahrbar gemacht wird. Es geht um Freude und Vergnügen bei und an der neuen Rückenschule, sowohl bei den Teilnehmern als auch beim Kursleiter.

Dennoch orientiert sich das Curriculum der KddR an aktuellen Empfehlungen, akzeptierten Gesundheitsmodellen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und an den Leitlinien zur Prävention und Rehabilitation.

Wie können Sie Ihren Rücken unterstützen?

Zunächst einmal sollte jeder die richtigen Fragen stellen, um negative Gedanken auszublenden. „Was macht den Rücken gesund“ anstatt „was macht den Rücken krank“ wäre so ein Beispiel dafür, denn negative Botschaften wie „falsches Sitzen schadet den Bandscheiben“ oder „das Heben schwerer Gegenstände führt zum Bandscheibenvorfall“ führen in erster Linie nur zu Vermeidungsverhalten und auch Hilflosigkeit.

Lassen Sie uns das Pferd also richtig herum aufzäumen, indem wir realistische und zugleich positive Betrachtungsweisen ins Feld führen wie „die meisten Rückenschmerzen sind harmlos“, „Bewegung tut gut“ oder „jeder kann seine Rückenschmerzen aktiv beeinflussen“, denn damit zeigen wir unseren Ängsten die Rote Karte.

Die zwei Leitziele der neuen Rückenschule lauten:

  • Rückengesundheit fördern
  • Der Chronifizierung von Rückenbeschwerden vorbeugen

Angesprochen werden sollen damit die folgenden Personengruppen:

 

Menschen, die …

… sich wenig bewegen

… schon mindestens einmal Rückenschmerzen hatten

… unspezifische, ärztlich abgeklärte Rückenschmerzen haben

… Risikofaktoren für Rückenschmerzen aufweisen

… ihr Risiko für Rückenschmerzen selbst als erhöht einschätzen

 

Das modulare Baukastensystem der neuen Rückenschule baut auf einer ganzen Reihe moderner Erkenntnisse auf. Zu nennen sind hier vor allem die Strategien zur Schmerz- und Stressbewältigung. Mit kleinen Spielen und Lifetimesport wie Walking und Jogging sollen die motorischen Grundeigenschaften verbessert werden. Dagegen gibt es etliche bislang für wertvoll erachtete Übungen beispielsweise aus dem Bereich Haltungsschulung, die an Bedeutung eher eingebüßt haben.

Wer sich ganz konkret für Rückenübungen interessiert, die Hans Dieter Kempf empfohlen hat, findet diese im Internet-Archiv HIER.

Zielerreichung durch den Zweistufenplan der neuen Rückenschule

Die neue Rückenschule ist grundsätzlich mittel- und langfristig orientiert und ist daher auf diese zwei Stufen fokussiert:

  • Nachhaltige Gewöhnung aller Kursteilnehmer an gesunde Bewegungsmuster
  • Geführte und gezielte Begleitung in die bleibende Verhaltensänderung

Umgesetzt werden diese Ziele durch Einführungs- und anschließende Aufbaukurse.

Der etwas andere Rückenschullehrer

Die „Ottawa-Charta for Health Promotion“ der WHO initiierte im Jahre 1986 geradezu einen Paradigmenwechsel, indem hierin die Selbstbestimmung und Selbstbefähigung auf ein viel höheres Niveau gestellt wurden. Damit wurde die traditionelle, dozierende Gesundheitserziehung in gewisser Weise in ihre Schranken verwiesen. In der neuen Rückenschule agieren der Kursleiter und alle Teilnehmer auf Augenhöhe. Kempf drückte es 2010 so aus, dass der Kursleiter zugleich diese Rollen einnehmen sollte:

  • Vorbild
  • Coach
  • Experte
  • Moderator
  • Professioneller Dienstleister

Diese Einordnung erweist sich auch und gerade für den Rückenschullehrer als durchaus vorteilhaft, denn er ist nun nicht mehr an ein starres, abzuarbeitendes Programm gebunden. Stattdessen geht er situationsabhängig kreativ auf die Wünsche, Erwartungen und vor allem auf die individuellen Voraussetzungen der Teilnehmer ein.

So verfügt der Kursleiter über sehr viel mehr Handlungsspielraum bei der Zusammenstellung seines Programms. Dies setzt sich nun aus Praxisbausteinen zusammen, die in jedem einzelnen Kurs eine Feinjustierung erfahren.

Das führt sogar dazu, dass der Kursleiter seine fachliche Kompetenz im Rahmen der einzelnen Module verbessern kann. Er ist also nicht nur Lehrer und „Vortänzer“, sondern der Erfolg der Teilnehmer ist rückwirkend ein wichtiger Stimulus für den Kursleiter.

Es soll ja Spaß machen

Alle, die bislang nach der neuen Rückenschule unterrichtet haben, berichten unisono, dass es richtig Spaß macht, diese Art Rückenschulkurse zu geben. Und ein ehrlich begeisterter Kursleiter kann natürlich die Übungen ganz anders rüberbringen. Eine wichtige Voraussetzung für das gute Gelingen sind allerdings fundierte Kenntnisse in Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz, die nicht jeder Kursleiter in gleich hohem Maße mitbringt.

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Dieser Beitrag wurde am 26.06.2023 erstellt.

„Kind, sitz gerade!“, hieß es früher öfter. Sitzen mit geradem Rücken soll gesund sein. Aber stimmt das so?

Dieser Frage hat sich die Forschung endlich angenommen und fand heraus, dass das so oft gescholtene Herumlümmeln auf der Sitzgelegenheit gar nicht so schlimm ist. Kieran O’Sullivan ist Physiotherapeut an der University of Limerick in Irland und sagt, dass das, was wir heute als gute Position akzeptieren, vornehmlich mit Ästhetik zu tun hat, uns also in erster Linie elegant oder attraktiv erscheint. Besonders Frauen seien durch ihre Erziehung so getrimmt.

Ist ja auch kein Wunder, wissen wir doch, dass alte, kranke Menschen oft von einer gebückten Haltung geplagt sind.

Aus Sicht des Physiotherapeuten ist die Köperhaltung dann optimal, wenn sie bequem, stabil und symmetrisch ist und zudem keine einzelnen Muskeln oder Gelenke überlastet. Von der Seite her betrachtet weist die Wirbelsäule normalerweise eine S-Form auf, wobei sich der untere Rücken im Lendenbereich durch eine leichte Krümmung nach innen auszeichnet. Der obere Rumpf in Höhe der Brust zeigt dagegen eher eine Außenkrümmung, die im Bereich des Nackens wiederum von einer weiteren Einwärtskrümmung gefolgt wird. Die Ausprägung dieser Krümmungen ist aber individuell verschieden. Und außerdem ist da noch der Faktor Zeit.

O’Sullivan publizierte eine Studie, in der Physiotherapeuten zur besten Sitzposition aus neun sehr unterschiedlichen Optionen befragt wurden. Ungefähr die Hälfte der Befragten favorisierte einen aufrechten unteren Rücken und entspannten oberen Rumpf. Ein Drittel fand eine aus der Hüfte vorwärts geneigte, gerade Wirbelsäule sehr gut.

Unabhängig davon haben die meisten Menschen zwar eine ungefähre Vorstellung über eine gute Körperhaltung, aber diese wird nur selten konsequent eingehalten. Das jedenfalls hat das Forscherteam um Vasileios Korakakis vom Aspetar Orthopaedic and Sports Medicine Hospital in Doha mit einer Studie, an der 100 gesunde Probanden teilnahmen, aufgezeigt. Die meisten von ihnen hatten sich angewöhnt, leicht gebeugt zu sitzen.

In der Tat führt längeres Sitzen mit schiefem Nacken oder schiefer Wirbelsäule zu vorübergehenden Schmerzen, weil bestimmte überstrapazierte Muskeln dabei ein Sauerstoffdefizit erfahren, dennoch ist eine krumme Körperhaltung nicht unbedingt ein Garant für Schmerzen.

Wissenschaftler von der Monash University in Melbourne fanden 2021 bei einer Metaanalyse von 653 relevanten Studien keinen Beweis dafür, dass falsche Sitzhaltungen beim Autofahren für Schmerzen im unteren Rücken verantwortlich zu machen sind. In einer anderen Studie, die schon 2017 an der University of Southern California durchgeführt wurde, wurden 67 Personen mit Schulterschmerzen hinsichtlich ihrer Haltung mit 68 schmerzfreien Probanden ohne jeglichen Hinweis auf eine Korrelation mit der Schulterhaltung verglichen.

Karen Richards und ihre Kollegen von der australischen Curtin University nahmen sich zu dieser Fragestellung 686 Teenager in einer Langzeitstudie vor. Mit Körpersensoren wurden die Nackenhaltungen der Jugendlichen in diese Kategorien eingeteilt:

  • a) aufrechter Nacken und Körper
  • b) zusammengesackter Brustkorb, Kopf nach vorne ausgerichtet
  • c) aufrechter Brustkorb, Kopf nach vorne ausgerichtet
  • d) Mischhaltung aus b) und c) bei leicht gekrümmter Wirbelsäule

Nach fünf Jahren wurden die Probanden nach Nackenschmerzen befragt, die innerhalb des letzten Jahres aufgetreten seien und mindestens drei Monate lang andauerten. Bei den Jungen gab es keinerlei Korrelation zwischen ihrer Haltung und späteren Nackenschmerzen. Bei den Mädchen der Kategorie a) traten spätere Nackenschmerzen erstaunlicherweise relativ häufig auf, während eine eher gebeugte Haltung offenbar davor schützte.

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Warum Bewegung so immens wichtig ist

Unser Körper reagiert ständig auf das, was wir tun. So orientiert sich die Struktur unserer Knochen an den Bewegungen und Belastungen, die wir ihnen zumuten. Mit anderen Worten: Wir können unserem Körper jeden Tag proaktiv „Impulse“ geben, in welche Richtung er sich anpassen soll. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche.

Im Übrigen können wir mit der Körperhaltung sogar unsere mentale Stimmung aufhellen. Dass zwischen dem Körper und unseren Emotionen ein festes Band besteht, wusste man schon im 19. Jahrhundert. So stellte der Philosoph William James die These auf, dass „wir nicht lachen, weil wir glücklich sind, sondern dass wir glücklich sind, weil wir lachen“. In diesem Zusammenhang spricht man heute neudeutsch von embodiment beziehungsweise embodied cognition. Unser Körper beeinflusst also unsere Gedanken.

Elizabeth Broadbent ist Psychologin an der University of Auckland (Neuseeland). Sie wies nach, dass Menschen mit Depressionen von der Tendenz her stets etwas gebeugter gehen, stehen und sitzen. Ihr Team teilte die Probanden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen. Mittels Kinesiotape wurden ihre Rücken entweder in eine aufrechte oder gebeugte Sitzposition gebracht. In dieser jeweiligen Situation sollten sie einen Vortrag halten. Die Messungen des Blutdrucks verrieten, dass die aufrechte Gruppe dabei weniger gestresst war.

Pilates, Yoga, Kraft- und Flexibilitätsübungen wirken einem (altersbedingten) Verbiegen der Brustwirbelsäule entgegen. Circa 40 Prozent der Erwachsenen über 65 Jahre sind davon betroffen, was ihre Lebensqualität arg beeinträchtigt. Zum Beispiel wird dadurch das Gehen deutlich verlangsamt. Deshalb möchte ich dem interessierten Leser gleich an dieser Stelle drei Übungsbeispiele an die Hand geben:

  • Flexible Wirbelsäule

Knien Sie sich auf alle Viere und atmen Sie tief ein, wobei Sie Ihren Rücken nach oben wölben. Dabei sind Brust und Becken etwas nach vorne gekippt. Sie wenden jetzt den Blick gen Decke und atmen aus, wobei das Becken nach unten gekippt wird. Gehen Sie nun ins Hohlkreuz und ziehen Sie Ihre Bauchmuskeln in Richtung Wirbelsäule, während das Kinn zur Brust gezogen wird. Diese Pose wird im Yoga gern als „Katze-Kuh“ bezeichnet.

  • Brustöffner

Auf den Rücken legen, die Beine anwinkeln und die Arme zu beiden Seiten ausstrecken. Dabei liegt eine Schaumstoffrolle längs (parallel) unter der Wirbelsäule. Dadurch werden der Brustkorb und die vordere Partie der Wirbelsäule samt der beteiligten Muskeln, Bänder und Gelenke gedehnt.

  • Stärkung des Rückens

Auf dem Bauch liegend formen Arme und Kopf einschließlich der Schultern ein W. Nun wird der Oberkörper wenige Zentimeter angehoben, kurz so gehalten und wieder zur Entspannung abgelegt. Das machen Sie in zwei Sätzen à acht Wiederholungen.

Wer diese drei Übungen dreimal wöchentlich über ein halbes Jahr durchzieht, reduziert damit die Krümmung seiner oberen Wirbelsäule.

Fazit

Hören Sie auf, ständig über die richtige Sitzhaltung nachzudenken und andere diesbezüglich anzuweisen. Lassen Sie es ruhig zu, dass sich Ihr Kind bequem herumlümmelt. Allein, stundenlanges Starren auf ein Display ist zu unterbinden, indem Sie Ihr Kind nach draußen schicken, um Fußball zu spielen oder auf dem Klettergerüst ganz nach oben zu steigen.

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Dieser Beitrag wurde am 08.04.2022 erstellt.