Es ist das Hormon Dihydrotestosteron (DHT), das offenbar Haarausfall befördert. Nun gibt es eine einzige Studie, die darüber spekuliert, dass Kreatin den DHT-Spiegel erhöhen könnte.

In der Tat ist DHT dem Hormon Testosteron ziemlich ähnlich und es wird im Körper sogar über das Enzym 5ɑ-Reduktase aus Testosteron synthetisiert. Beide Hormone binden sich in ganz ähnlicher Weise an die Androgenrezeptoren und regulieren so die Expression der gleichen Gene hoch, wobei DHT sogar eine fünffach höhere Affinität zu den Androgenrezeptoren aufweist. Insofern hat DHT (pro Hormoneinheit) eine deutlich größere Wirkung als Testosteron.

Tatsächlich ist DHT während der Pubertät für einen großen Teil der physiologischen Veränderungen verantwortlich. Das betrifft auch die Haarfollikel, das heißt, DHT steuert weitgehend die Reifung und das Wachstum der Körper-, Scham- und Barthaare. Allerdings ist DHT massiv an der androgenen Alopezie beteiligt. Gemeint ist damit die männliche Glatze.

Bei den meisten Medikamenten gegen Haarausfall handelt es sich um 5ɑ-Reduktasehemmer. Verhindert werden soll damit die Wandlung von Testosteron in DHT. Wenn also die Senkung des DHT-Spiegels Haarausfall stoppen kann, dann müsste doch eine Erhöhung des DHT-Spiegels den Haarausfall verstärken oder etwa nicht?

So in etwa argumentierten jedenfalls van der Merwe et al. in ihrer Crossover-Studie aus dem Jahr 2009. Die 16 daran teilnehmenden Rugbyspieler nahmen drei Wochen lang Kreatin oder eben ein Placebo ein. Danach folgte eine Auswaschphase von sechs Wochen, um das Experiment zu wiederholen, allerdings mit vertauschten Rollen.

Das Supplementierungsprotokoll sah vor, eine Woche lang täglich 25 Gramm Kreatin einzunehmen (Ladephase). Die restlichen zwei Wochen gab es nur noch 5 Gramm Kreatin pro Tag (Erhaltungsphase). Die Testosteron- und DHT-Werte im Blutserum wurden jeweils vor der Intervention, nach der Aufladephase und nochmals nach der Erhaltungsphase bestimmt.

Dabei kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Supplementierung mit Kreatin sowohl den DHT-Serumspiegel als auch das DHT/Testosteron-Verhältnis erhöhte und somit eine Neigung zu Haarausfall zu befürchten sei.

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Es besteht berechtigte Kritik an der Grundlagenforschung

Es gibt keine weiteren nennenswerten Studien, die aufzeigen würden, dass Kreatin den DHT-Serumspiegel erhöht. Sehr wohl haben sich ein paar Studien mit den Auswirkungen von Kreatin auf den Serum-Androgenspiegel beschäftigt, blieben allerdings ergebnislos.

Im Rahmen von zwölf weiteren Studien wurde auf die Wirkung von Kreatin auf den Testosteronspiegel eingegangen und fünf Studien zielten besonders auf die Wirkung des Kreatins auf den freien Testosteronspiegel ab, also auf jenen Hormonanteil, der in DHT umgewandelt wird. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wurde aber keine signifikante Auswirkung des Kreatins festgestellt.

Bei allen beobachteten Änderungen der DHT-Werte handelte es sich um eher geringe Variationen um den Normalbereich. Dazu sollte man wissen, dass der übliche DHT-Serumspiegel bei Männern in dem weiten Bereich zwischen 0,47 und 2,65 nmol/l liegt. Dies zeigt schon, dass eine geringfügige Erhöhung des Ausgangswertes noch immer keine außergewöhnlichen Spitzenwerte produziert. Was da in der Studie hochmütig wissenschaftlich als statistisch signifikant interpretiert wurde, könnten also ganz und gar zufällige Schwankungen sein.

Der DHT-Serumspiegel ist für Haarausfall gar nicht relevant

Es gibt tatsächlich keine ernst zu nehmende Studie, die einen Zusammenhang zwischen dem DHT-Serumspiegel und Haarausfall quantitativ belegt. In einer Studie von 2018 war Folgendes zu lesen (frei übersetzt):

„Männer mit androgener Alopezie haben ganz normale Konzentrationen von zirkulierenden Androgenen. Testosteron und damit auch DHT können bei diesen Männern allerdings in der Pilosebaceous-Einheit durch ein oder sogar mehrere Enzyme synthetisiert werden.

Dieser nicht gerade beliebte Androgen-Stoffwechsel im Haarfollikel gehört zu den Ursachen der Pathogenese. Da keine Korrelation zwischen der Ausprägung der Glatze und dem Serum-Androgen erkennbar ist, ist die pathogene Wirkung der Androgene sehr wahrscheinlich auf eine intrazelluläre Signalübertragung der Haarfollikel-Zielzellen zurückzuführen.“

Jenes DHT, das für Haarausfall verantwortlich ist, wird also in den Haarfollikeln selbst produziert. Was wir dagegen im Blutserum messen, hat damit überhaupt nichts zu tun. Testosteron zum Beispiel wird bei Männern hauptsächlich in den Hoden produziert, bei Frauen übrigens in den Eierstöcken und den Nebennieren, und dann in den Blutkreislauf geschleust, damit es im gesamten Körper seine Wirkung entfalten kann.

Dagegen ist DHT ein autokrines und parakrines Hormon. Im ersteren Fall wird das Hormon innerhalb einer Zelle für ihre eigenen Zwecke produziert und parakrines DHT wirkt auf die Zellen im Umfeld der Produktionsstätte. Die Haut, so auch die Kopfhaut, produziert ihr eigenes DHT, indem Testosteron in die Zellen der Haarfollikel diffundiert.

Das daraus resultierende DHT dient dann für „androgene Anpassungen“ wie Verdickung der Gesichts- und Körperhaare bei oftmals gleichzeitiger Ausdünnung der Kopfhaare. Dabei „verbraucht“ sich das DHT, sodass es gar nicht weiter in den Blutkreislauf gelangt, genauer gesagt, es wird lokal in den Haarfollikelzellen metabolisiert.

Dies ist zugleich die Erklärung dafür, warum DHT tatsächlich Haarausfall verursachen kann, obwohl Menschen mit androgener Alopezie durchaus normale DHT-Werte haben.

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Dieser Beitrag wurde am 27.09.2023 erstellt.