Neben der Fertignahrung ist das Leben im Sitzen ein besonders hervorstechendes Merkmal für ein „zivilisiertes“ Leben.

In vielen Fällen stellt sich uns jedoch nicht die Frage, ob wir dies wollen oder nicht.

Denn niemand wird mit Spaten und Spitzhacke ins Büro stapfen und sich dort körperlich betätigen.

Dort sind 8 Stunden konzentrierte Arbeit im Sitzen angesagt – vielleicht ab und zu unterbrochen durch den Gang zur Kantine, Toilette oder für einen Blick durch das Fenster. Der Weg von und zur Arbeit wird in der Regel sitzend zurückgelegt… und dann abends auf dem Sofa fortgesetzt…

Dieser Beitrag richtet sich also vorrangig nicht an Leser, die sowieso schon regelmäßig Sport treiben. Dieser Beitrag richtet sich an die Hälfte der Bevölkerung die (mehr oder weniger) „nichts“ tut…

Bei der wissenschaftlichen Suche nach Risikofaktoren für Erkrankungen und frühzeitigem Tod ist die Wissenschaft auf die moderne Ernährung gestoßen. Wie es jetzt aussieht, ist das Sitzen ein eigenständiger Risikofaktor, gleichgültig ob man nun regelmäßig trainiert oder nicht – deswegen wollte ich diesen Beitrag auch „Der Tod kommt sitzend“ nennen, was mir dann aber doch etwas zu plakativ erschien.

Aber erst einmal zu den Fakten aus der Studie: Dr. Joan Vernikos ist die ehemalige Direktorin der „Life Sciences“ Abteilung der NASA. Sie veröffentlichte eine einfache, aber dafür umso plausiblere Erklärung, warum das Sitzen einen solch dramatischen Einfluss auf unsere Gesundheit zu haben scheint. Und sie erklärt, wie man diesen üblen Einflüssen entgehen kann.

Bei ihren Untersuchungen an Astronauten und Anwärtern stellte sie fest, dass regelmäßiges Training (Workout) nur bedingt die negativen Einflüsse eines dauerhaften Sitzens kompensieren kann.

Weiter versuchte sie festzustellen, welcher Mechanismus sich dahinter verbirgt, und welche spezifischen Bewegungen, die beim Sitzen fehlen, für den Organismus unentbehrlich sind. Was sie dann herausfand, war so simpel wie erstaunlich:

Nicht das Herumlaufen brachte den erwünschten positiven Effekt, sondern einfach nur das Aufstehen aus dem Stuhl, Sofa und so weiter. Je häufiger die Person aufsteht, desto größer wird der Nutzen.

Aus physiologischer Sicht ist hier die veränderte Körperhaltung, die das entscheidende physiologische Signal bewirkt. Es ist also nicht unbedingt das Stehen oder das Gehen, was den physiologischen Nutzen bringt, sondern die Veränderung der Körperhaltung. Um also die negativen Einflüsse des Sitzens auszuhebeln, ist es notwendig, sich mehrmals in regelmäßigen Abständen aus seinem Sitz zu erheben. Der Schlüssel hier ist eine regelmäßige intermittierende Interaktion mit der Schwerkraft des eigenen Körpers. In der Praxis sieht das dann so aus, dass es produktiver ist, sich alle 20 Minuten vom Stuhl zu erheben, als dies über 30 mal hintereinander zu absolvieren.

Grundlage dieser an sich simpel anmutenden Beobachtungen und Rückschlüsse sind Arbeiten aus den 1970er Jahren mit Astronauten im Skylab-Programm der NASA. Hier stellte Dr. Vernikos fest, dass Astronauten im All unter Bedingungen der Schwerelosigkeit schneller alterten als auf der Erde. Gleiches kann man auch bei Kranken feststellen, die ihr Bett nicht mehr verlassen können. Aber permanentes Sitzen, Dauerbettruhe und Schwerelosigkeit bewirken zwar gleichermaßen ein beschleunigtes Altern, jedoch gab es dafür keine Erklärung, warum das so ist.

Das änderte sich, als sie die Auswertung der „Bettruhe-Sudie“ erstellte. Aufgrund einer persönlichen Erfahrung sah sie in Altenheimen in Kalifornien viele alte Menschen, die ans Bett gefesselt waren und bei denen sich genau die Symptome entwickelten, die sie auch bei ihren Astronauten gesehen hatte, die sich eine bestimmte Zeit im Weltraum aufgehalten hatten.

Nach dem Aufstehen aus dem Bett (oder wieder zurück auf der Erde), zeigten die Alten und die Astronauten Beeinträchtigungen bei der Balance, bei der Koordination der Bewegung, Kollapsneigungen beim Aufstehen und einen schlurfenden Gang. Bei einer sich anschließenden normalen Betätigung vergehen die Symptome bei beiden Gruppen, was darauf hindeutet, dass es sich hier NICHT um ein typisches Altersphänomen handeln könnte.

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Es bestand vielmehr Grund zu der Annahme, dass die relative Inaktivität der Alten in ihren Heimen (und die der Astronauten im All), als Ursache für das Phänomen verantwortlich zu machen ist. So weiß man heute, dass ein 1-prozentiger Verlust von Knochen- und Muskelmasse auf der Erde ein Jahr dauert. Der gleiche Verlust vollzieht sich im All in nur einer Woche bis einem Monat. Das heißt, dass der Alterungsprozess sich hier fast 10 mal schneller vollzieht als unter normalen Bedingungen.

Diese Beobachtungen legen die Vermutung nahe, dass weniger das Alter, sondern der Lebensstil für die positiven oder weniger positiven Veränderungen im Körper verantwortlich ist. Überhaupt: Die ständigen Äußerungen, dass im Alter alles „schlechter“ werde, stimmt nicht. Das Alter kann sogar mit Vorteilen aufwarten, die in ihm selbst begründet sind und von der die Jugend weitestgehend ausgeschlossen ist. Mehr dazu habe ich im Beitrag „8 Dinge, die im Alter besser werden“ beschrieben: naturheilt.com/blog/8-dinge-die-im-alter-besser-werden-2013/

Für die Vermeidung von „altersbedingten“ Leiden gilt somit nicht nur das Notwendigkeit des regelmäßigen körperlichen Trainings. Das stellt „nur“ die halbe Miete dar. Es scheint auch notwendig zu sein, dass häufige mehr oder weniger regelmäßige und sich wiederholende Bewegungsabläufe mit Veränderung der Körperhaltung für einen funktionierenden Organismus wichtig sind. Das heißt, dass körperliches Training auf der einen Seite und alltägliches Funktionieren zum Beispiel im Büro auf der anderen Seite noch nicht die Lösung des Problems darstellen.

Die Anziehungskraft der Erde scheint eine bedeutsame Rolle zu spielen. Wenn wir sitzen, sind wir der Schwerkraft zwar immer noch ausgesetzt. Aber durch Bewegungen, wie zum Beispiel dem Aufstehen, müssen wir gegen diese anarbeiten. Dementsprechend ideal wären dann auch die Fitness-Programme, wenn sie der Bewegungsvielfalt des menschlichen Körpers gerecht würden. Progamme mit wenigen, sich oft wiederholenden Bewegungsübungen sind da nicht der Weisheit letzter Schluss, wie zum Beispiel Radfahren oder Joggen. Und bevor ich mir den Unmut der Radfahrer und Jogger auf mich ziehe: Das sind ausgezeichnete Möglichkeiten Durchblutung und Herz-Kreislauf zu trainieren. Aber: Der Körper wird in nicht in allen möglichen Bewegungen trainiert, die unsere Gelenke ermöglichen.

Klingt kompliziert? Ist es zum Glück aber nicht.

Der Schlüssel zum Ganzen sind Bewegungen, die nicht unbedingt in Turnübungen auszuarten haben, um effizient zu sein.

Dazu kommt, dass diese Bewegungen oft ausgeübt werden sollen und eine Veränderung der Körperposition beziehungsweise -haltung mit sich bringen sollten.

Vergleichbar wäre dies zum Beispiel mit einem „urhaften“ Leben im Dschungel. Aus dem Leben von Eingeborenen Asiens, Afrikas und Südamerikas sehen wir, welches Bewegungsmuster im täglichen Leben bei diesen Menschen vorherrscht. Sitzen auf einem Stuhl ist dort eher als eine Ausnahmestellung anzusehen. Diese Leute ruhen zumeist, indem sie hocken oder sich sofort hinlegen. Knien ist auch eine oft zu sehende Stellung. Dr. Vernikos sagt dazu, dass Sitzen im Grunde in Ordnung sei, jedoch konstantes, langes Sitzen genau die Schäden verursacht, die sie bei Alten in Ruhe und Astronauten gesehen hatte.

Ergo: Wenn man viel sitzen muss, dann sollte man dies so oft wie möglich unterbrechen. Sie sagt: „Es geht nicht darum, wie viele Stunden Sitzen schlecht für dich sind, sondern wie viele Unterbrechungen des Sitzens gut für dich sind.“

Aber auch permanentes Stehen ist nicht die Lösung des Problems. Menschen, die berufsbedingt viel stehen müssen, können davon ein Lied singen. So ist die Lösung des Problems nicht so zu verstehen, dass man das permanente Sitzen durch ein permanentes Stehen ersetzen sollte, weil letzeres vielleicht besser verträglich wäre.

Nein, was ersetzt werden sollte, das ist die „Permanenz“ beim Sitzen oder Stehen. Es kommt darauf an, durch Bewegung die Körperhaltungen zu verändern. Ein Leben im Dschungel erfordert genau dies. Laufen, ruhen, klettern, tragen, kriechen, springen, kauern, liegen und so weiter – das alles sind tägliche Bewegungsabläufe, die von den „Urmenschen“ heute wie damals ausgeübt werden und wofür der menschliche Körper „gezimmert“ wurde. Die häufige Veränderung der Körperhaltung als Reaktion auf Umweltereignisse ist ein integraler physiologischer Bestandteil der „Bewegungsmaschinerie“ des Menschen. Wer dies vernachlässigt, der schaltet wesentliche Bestandteile seiner Bewegungsfähigkeiten aus. Wenn dann noch eine unphysiologische Ernährung sich dazu gesellt, dann steht dem Einzug einer „Zivilisationserkrankung“ kaum noch etwas im Wege.
Vielleicht ist es noch ein wenig zu früh, um zu verstehen, dass ein einfaches Aufstehen aus dem Stuhl, dem Sessel und so weiter so weitreichende, positive Folgen haben kann.

Gibt es irgend welche physiologischen Parameter, an denen wir diesen „Segensreichtum“ festmachen können?

Wie es scheint, gibt es die in der Tat: Ein Enzym, die Lipoprotein-Lipase, ist während der Zeiten der körperlichen Inaktivität ebenfalls inaktiv. Bei körperlicher Aktivität ist sie aktiv. Aber welche körperliche Aktivität bewirkt bei diesem Enzym Spitzenaktivitäten? Genau, beim Aufstehen vom Sitzen!

Die Lipoprotein-Lipase ist ein Enzym, das sich an Fette im Blut anheftet und diese zur und in die Muskulatur transportiert. Dort dient dann das Fett, neben der Glukose, als „Brennstoff“ für die Muskelzellen. Das heißt also, dass durch ein einfaches Aufstehen vom Stuhl dem Organismus beim Verbrennen von Fetten geholfen wird, und das nachhaltig.

Die Bewegungen beim Aufstehen sind natürliche nicht mit den Aktivitäten zu Vergleichen, bei denen wesentlich mehr Kalorien verbraucht werden, wie zum Beispiel beim Sport. Aber die Menge der Wiederholungen spielt hier eine ausschlaggebende Rolle zum einen. Und zum anderen bewegt sich der Körper beimAufstehen gezielt gegen die Anziehungskraft der Erde.

Dr. Vernikos sieht die Anziehungskraft der Erde als einen virtuellen Stab an, der von oben nach unten durch den Körper des Menschen verläuft. Dieser virtuelle Stab dient als eine Art Stimulus für den Organismus, beziehungsweise sieht sie die Erdanziehung als die Quelle dieses Stimulus. Wenn man sich dann dieser Anziehungskraft widersetzt, dann bekommt man ein kleines Gefühl für Beschleunigung und damit ein bisschen Spaß daran. Spaß an der Beschleunigung, das kennt jeder, der einmal in einem PS-starken Sportauto gesessen hat und damit gefahren (worden) ist. Aber auch andere sportliche Betätigungen nutzen die Anziehungskraft der Erde, um Spass am Sport zu erzeugen. Springen (Bungee, Turm usw.), Ski-Fahren, Radfahren und so weiter „leben“ von diesem Prinzip.

(Vorläufiges) Fazit

Einmal in der Stunde aufstehen ist besser als 15 Minuten auf dem Laufband.

32 mal am Tag aufstehen ist besser, als 32 mal hintereinander aufstehen und sich wieder setzen.

Und klar: 32 mal am Tag aufstehen und setzen und einmal 32 mal hintereinander ist noch besser.

Voraussetzung: Sie sind beschwerdefrei, denn unter Schmerzen macht das keinen wirklichen Sinn.

Um den „Sitzbann“ zu brechen, kann man sich einen Online-Timer suchen (falls man viel vor dem Computer sitzt, der ans Internet angeschlossen ist), und den alle 20 Minuten klingeln lassen, damit man seinen Stuhl verlässt und ein paar kurze Übungen exerziert.

Zum Beispiel hocken, aufstehen, springen, dehnen. Natürlich gilt: Wenn Sie bereits Beschwerden haben und zum Beispiel gar nicht mehr vollständig in Hocke gehen können?

In so einem Fall brauchen Sie (meiner Meinung nach), ein Programm oder eine Therapie (zum Beispiel medizinische Trainingstherapie), die Sie wieder in diese Lage versetzt – und dies sprichwörtlich. Wenn dann noch die Ernährung einen Teil der Anziehungskraft für ein Interesse an gesunden Varianten bekommt, dann kann einem gesunden und erfüllten Alter kaum noch was im Wege stehen.

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